Horst Heldt musste noch ein Telefongespräch führen. "Wir brauchen die Einverständniserklärung der Eltern, dass er Nachtarbeit machen darf", erklärte der Sportvorstand von Schalke 04 vor dem Achtelfinale in der Champions League bei Galatasaray Istanbul. Der Anruf galt der Familie Meyer - Sohn Max sollte auch in der Königsklasse zur Verfügung stehen.
Am Montag hatte der 17-Jährige noch eine Deutschklausur geschrieben, am Dienstag flog er mit den Königsblauen an den Bosporus, und für Trainer Jens Keller war er gegen den türkischen Meister gleich "eine Option". Erstmals gefunkelt hatte das Schalker Mittelfeld-Juwel beim 2:2 in Mainz. 18 Minuten vor Schluss eingewechselt, bereitete Meyer gleich den Ausgleich durch Michel Bastos vor.
"Mit seiner Unbekümmertheit hilft er der Mannschaft", sagte Heldt über den gebürtigen Oberhausener, der 2009 vom MSV Duisburg in den königsblauen Nachwuchs gewechselt war. Im verunsicherten Schalker Team, nach nur einem Sieg in den letzten zwölf Pflichtspielen in fast panischer Angst vor weiteren Fehlern, setzte "Mini-Max", wie ihn der Boulevard prompt taufte, sofort positive Akzente. "Er sucht immer eine Lösung nach vorne, spielt nicht auf Sicherheit", sagte Heldt.
Ein "unbeschreibliches Glücksgefühl" empfand Meyer, als er mit 17 Jahren und 151 Tagen als neuntjüngster Bundesligaspieler sein Debüt gab. Als er mit Klaas-Jan Huntelaar und Co. in den Flieger nach Istanbul stieg, strahlte er über das ganze Gesicht. Angst vor der großen Fußball-Bühne kennt er nicht. "Er strotzt vor Selbstbewusstsein und hat keine Hemmungen", sagte Heldt.
Vergleiche mit Lionel Messi hatten Hochkonjunktur Schließlich hat Meyer schon auf internationaler Ebene bewiesen, welch außergewöhnliches Talent er ist. Bei der U17-EM im vergangenen Jahr führte er die deutsche Mannschaft ins Finale, das sie im Elfmeterschießen gegen die Niederlande verlor, und wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. Schon damals hatten Vergleiche mit Lionel Messi Hochkonjunktur - nicht nur wegen seiner Körpergröße von 1,69m.
"Unangenehm" war dem damals 16-Jährigen der Vergleich mit dem viermaligen Weltfußballer trotz allen Selbstbewusstseins doch. Auch wenn er selbst durchaus Parallelen sah. "Ich trage zwar die Nummer zehn, ich sehe mich allerdings mehr als hängende Spitze statt als Regisseur. Ich stoße gerne in den Strafraum und versuche, Torgefahr auszustrahlen", sagte er. Die Dynamik, mit der Meyer mit dem Ball Richtung Tor läuft, ist auch Heldt besonders aufgefallen: "Er ist mit dem Ball schneller als ohne."
Meyer war schon Deutscher Meister Nicht nur seine herausragende Technik am Ball hat Meyer den meisten seiner neuen Teamkollegen voraus. Er war auch schon deutscher Meister. Im vergangenen Jahr holte er mit der Schalker U19 den Titel, als 16-Jähriger. Zuletzt hatte der königsblaue Nachwuchs 2006 triumphiert - mit Mesut Özil als "Zehn".
Den Star von Real Madrid hat Meyer natürlich vor Augen, wenn er an seine Zukunft denkt. Auch Özil besuchte die Gesamtschule Berger Feld, die eng mit Schalke zusammenarbeitet. Doch so weit muss der Mittelfeldspieler gar nicht zurückblicken. Erst zwei Jahre ist es her, dass Julian Draxler einen ähnlichen Weg ging.
Einen Unterschied gibt es allerdings: Meyer hat deutlich größere Probleme, Schule und Profifußball unter einen Hut zu bringen. "Er musste schon eine Ehrenrunde drehen", sagte Heldt und ermahnte das Talent: "Er muss jetzt sehen, dass er die Schule zuende macht. Notfalls muss er mal mit dem Training aussetzen." Und mit der Nachtarbeit.